Der Autor Jonas wirft in seinem Artikel
http://one-mind.net/second-tier-thinking-war-jesus-integral/
die spannende Frage auf, ob Jesus selbst integral war. Diese wirft zwei Folgefragen auf, nämlich, wie wir das integrale Modell verstehen, linear oder zyklisch, und daraus folgend ob es überhaupt möglich ist, dass jemand in der Zeit von Jesus bereits integral dachte, da ja die Bewusstseinsentwicklung der Umgebung auf einem ganz anderen Level stand. Schlussendlich bleibt es Glaubenssache, muss auch der Autor zugeben.
Für mich ist die Frage, ob Jesus integral gewesen sein könnte, eindeutig mit ja zu beantworten. Wenn Jesus in sehr engem Austausch mit dem Göttlichen stand, in dem die Zeiten Vergangenheit. Gegenwart und Zukunft, zusammenfallen, konnte er selbstverständlich auch integrale Gedanken empfangen, vermutlich sogar noch darüber hinausgehend aus einer Ebene menschlicher Entwicklung, die wir noch gar nicht kennen. Und es gab schließlich immer Menschen, die ihren Mitmenschen gedanklich weit voraus waren. Dass er sie auch anderen weitervermitteln konnte, bleibt dabei äußerst fraglich. Die allermeisten werden dann so gut wie nichts von dem, was er lehrte, verstanden haben.
Die Frage, ob er es denn wirklich war, hingegen muss wohl offen bleiben.
Denn auch ein „professioneller“ Blick in die Bibel hilft dabei leider auch nicht weiter. Wir wissen nicht, was Jesus wirklich gesagt hat und was ihm im Nachhinein angedichtet wurde. Wir können Vermutungen und Thesen dazu aufstellen und mutmaßen, was mehr oder weniger wahrscheinlich ist. Durch eine Rückübersetzung ins Aramäische kommen wir dem Wortsinn möglicherweise näher, wie es von Franz Alt in „Was Jesus wirklich gesagt hat. Eine Auferweckung“ versucht wurde. Aber auch dieses Buch ist nur ein weiterer deutlicher Beweis dafür, dass alles an unserem ganz persönlichen Jesus-Bild liegt, der Hermeneutik, der Brille, durch die wir die Worte lesen. Oft genug eine Projektionsfläche für all das, was wir verehren, für gut und richtig halten. Das ist das ernüchternde, wenn auch abzusehende Ergebnis jahrzehntelanger Forschung, man vergleiche nur einmal die vielen sich widersprechenden Hypothesen dazu.
Ein Beispiel: Für manche ist der Gedanke an ein jüngstes Gericht DER zentrale Inhalt von Jesu Botschaft, dann läge sein Wertesystem eher in blau, für andere sind eben jene Passagen ihm im Nachhinein angedichtet worden, für diese wäre er eher dem grünen Mem zuzuordnen. Und. Und. Und. In all diesen Aussagen spiegelt sich viel mehr das Mem desjenigen, der die Texte liest.
Das einzige, worin sich alle einig sind, ist, dass er Menschen heilen konnte und dafür – im Gegensatz zu vielen anderen – kein Geld verlangt hat. Ob das ging, weil er integral dachte und handelte? Möglicherweise. Mit der integralen Brille sage ich, ja, er konnte es deshalb so gut, weil er immer das Große Ganze im Blick hatte, alle vier Quadranten, die spirituelle Entwicklung des einzelnen als auch der Gesellschaft.
Schlussendlich ändert es für uns Christen auch gar nichts, ob Jesus als „integral“ gelten kann oder nicht. „Integral“ ist ein heute aktuelles Konzept, das heute und jetzt von uns verwendet werden kann, um Dinge besser zu verstehen, einzuordnen und dementsprechend zu handeln. Und der himmlische Jesus – seine zeitlose Seele – liegt ohnehin jenseits jeder Definition.
Was meint ihr dazu?