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Übung zur Erleuchtung: Wer bin ich?

Heute möchte ich euch eine Methode vorstellen, die dazu geeignet ist, uns direkt, effektiv und sofort mit der Wahrheit, dem Göttlichen etc. zu verbinden, sprich: Die uns direkt in die Erleuchtung bringen kann. Klingt gut, was? 😉

Tatsächlich ist es die einfachste und gleichzeitig vielleicht anspruchsvollste geistige Übung überhaupt. Von einigen wird sie die „Methode der Disidentifikation“ genannt, bei Psychologen (Roberto Assagioli, Hans Piron) ist auch von der „Psychosynthese“ die Rede. Es bedeutet, dass wir uns auf die Suche nach unserem eigenen „Ich“ begeben. Wo kommt es her, dieses „Ich“? Was macht es aus – und was nicht?

„Disidentifikation“ heißt die Methode, weil derjenige, der die Übung macht, sich immer mehr bewusst macht, wodurch er sich identifiziert und diese Identifikationen nach und nach wieder fallen lässt. Ken Wilber selbst beschreibt das in „Wege zum Selbst. Östliche und westliche Ansätze zu persönlichem Wachstum“ so:

Ich habe einen Körper, aber ich bin nicht mein Körper. Ich kann meinen Körper sehen und fühlen, und was gesehen und gefühlt werden kann, ist nicht der wahre Sehende. Mein Körper mag müde oder erregt, krank oder gesund, schwer oder leicht sein, aber das hat nichts mit meinem inneren Ich zu tun. Ich habe einen Körper, aber ich bin nicht mein Körper…

Im Grunde genommen passiert etwas Ähnliches bei egal welcher Meditation. Und eigentlich lässt sich diese Übung nicht verschriftlichen. Denn es geht um einen geistigen Prozess, der sich jenseits der Welt der Sprache abspielt. In dieser Ebene des reinen „Wahrnehmens“ lassen wir Gedanken, die sich in Sätze kleiden ließen, hinter uns. Doch beginnen könnte diese Übung in meinem Fall zum Beispiel so:

Ich bin nicht mein Körper. Mein Körper ist 32 Jahre alt. Mein Körper ist weiblich, 1,61, hat die und die Gestalt, diese Füße, diese Augen, diese Haare. Manchmal hat der Körper Schmerzen – aber ich bin nicht dieser Schmerz, denn der Schmerz vergeht.

Hätte ich keine Augen mehr, wäre ich immer noch ich. Wäre ich hässlich einstellt, wäre ich immer noch ich. Würde ich mich operieren lassen und zum Mann machen, wäre ich immer noch ich. Was müsste mindestens von meinem Körper übrigbleiben, damit noch ein ich da ist? Oder wäre auch noch ein ich da, wenn mein Körper ganz tot wäre? Bin ich dann weg, wenn mein Körper im Grab liegt?

Ich bin nicht meine Gedanken oder Überzeugungen. Diese wandeln sich im Laufe der Zeit durch die Begegnung mit anderen Menschen, von denen ich etwas Neues lerne und übernehme, Gedanken sind frei und beweglich, Gedanken können sich allmählich oder auch ganz schnell ändern. Meinen Gedanken kann ich zuschauen, wie sie kommen und gehen und ich kann sie beurteilen.

Ich bin nicht meine Erinnerungen. Denn diese ändern sich durch meine interpretatorischen Gedanken. Meine Erinnerungen sind irgendwo gespeichert und ich rufe sie ab, aber das bin nicht ich.

Ich bin nicht meine Gefühle. Ich kann lernen, meine Gefühle zu steuern, sie zuzulassen oder abzulehnen. Ich bleibe ich, auch wenn ich emotionslos bin. Ich nehme Gefühle wahr,

Ich bin nicht meine Wünsche. Vieles, was ich mir gewünscht habe, wollte ich heute nicht mehr. Selbst der eine Wunsch, den ich seit Kindheit in mir trage, ist nicht mehr derselbe Wunsch geblieben, sondern hat sich meiner Entwicklung angepasst.

Ich bin nicht mein Name. Ich könnte ihn ändern lassen, ich blieb ich.

Im Tiefschlaf bin ich keine bestimmte Person, ich wechsle beständig die Identität, und doch liebe ich diesen Zustand, wo ich absolut niemand bin und nichts tun oder sein muss und doch ich bleibe.

Bin ich das Wahrnehmende und Beobachtende? Das Bewusste?….

Die Kurzform dieser Übung wäre, einfach nur den Satz zu denken: „Ich bin, ich existiere“ und dann auf die Empfindung zu achten, die sich einstellt, eine Empfindung des reinen „Seins“ oder „Gewahrseins“ oder „Wahrnehmens.“

Mir hilft es dabei auch, mich so Dinge zu fragen wie: „Ist diese Empfindung dieselbe wie damals, als du zehn Jahre alt warst und dieses und jenes erlebt hast?“ und „Bleibt diese Empfindung gleich, egal, was ich gerade tue oder denke?“

Tatsächlich ist es bei genügend Konzentration möglich, durch diese Übung dahin zu gelangen, dass wir, statt in Schmerzen, Sorgen oder Ängsten aufzugehen, diese nur noch wie von außen beobachten können. Wir verlieren, wie es so schön heißt, die „Anhaftung“ an die Dinge, unser Ego, an Raum und Zeit. Wir nehmen uns als zeitlos, grenzenlos und unvergänglich wahr.

Vorwarnung: Obwohl die Übung in ihrem Kern vollkommen einfach ist, tun sich die meisten damit unendlich schwer. Das liegt daran, dass wir es nicht gewöhnt sind, uns mit nichts zu identifizieren. Normalerweise gehen wir so in unseren Gedanken, Umständen, Schmerzen, Zielen etc. auf, dass eine Distanzierung davon zunächst unmöglich erscheint.

Da ich zwar von dieser Übung fest überzeugt bin, aber noch lange keine Meisterin, möchte ich auf einen solchen verweisen:

Ein wahrer Meister dieser Übung ist Mooji, ein Meister der indischen Advaita-Tradition. Ich kann wärmstens empfehlen, diesen einmal auf YouTube zu erleben. (Oder live, dann wärt ihr mir voraus.) Er wurde 1954 in Jamaica geboren und durch die Begegnung mit einem christlichen Mystiker zum Wahrheitssucher. Heute strömen zahlreiche Menschen zu ihm, um von ihm zu lernen, weil sie ihn als eine Art „Verkörperung der Wahrheit“ erleben. Die Besonderheit bei ihm ist, dass er immerzu warmherzig, humorvoll und unermüdlich darum bemüht ist, dem anderen zu helfen, durch Selbst-Erforschung sich selbst zu entdecken und zu finden.

Siehe dazu auch: http://www.mooji.org

Oder Literatur auf deutsch: Bevor ich bin. Die direkte Erkenntnis der Wahrheit, Mooji 2012.

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