Integral die Bibel lesen

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Wie liest ein integraler Christ vermutlich die Bibel?

  • Zunächst wohl historisch-kritisch, der Aufklärung verpflichtet: Als eine Sammlung zahlreicher religiöser Schriften von verschiedenen Autoren verschiedener Zeiten und Kontexte. Dem Gedanken der menschlichen Freiheit verpflichtet, gehen wir davon aus, dass die Texte durchaus durch direkte Gotteserfahrungen oder -begegnungen inspiriert wurden, doch kein wortwörtliches Diktat eines höheren Wesens darstellen, dass dem Schreiber keine Wahl gelassen hätte, diese Erfahrungen auf ganz eigene, persönliche Weise zu verstehen und auszudrücken.
  • Weiter mit dem Bewusstsein, dass es viele mögliche angemessene und nicht die eine richtige Deutung für die Texte gibt.
  • Und schließlich: Mit dem Wissen um die Bewusstseinsstufen von Menschen und Kulturen, die diese Schriften beeinflusst haben. Mit Spiral Dynamics oder ähnlichen Modellen kommt – meinem Eindruck nach – eine völlig neue Dimension hinzu, die bisher in der Bibelauslegung zu wenig berücksichtigt wird.

Natürlich ist jedem, auch dem, der nicht mit der integralen Theorie oder der Bewusstseinsentwicklung des Menschen nicht vertraut ist, klar, dass es immer zwei Filter gibt, die unser Verstehen (jeglicher Texte) beeinflussen:

  1. Den Wahrnehmungsfilter derjenigen, die den Text ursprünglich verfasst haben
  2. Den Wahrnehmungsfilter derjenigen, die den Text heute lesen und zu verstehen suchen

Mit Wahrnehmungsfilter meine ich, dass jeder Mensch bewusst oder unbewusst ununterbrochen auswählt, was er wahrnimmt und wie er es wahrnimmt.

Jede Erfahrung wird durch das Vorverständnis desjenigen, der sie macht, wesentlich geprägt: Seine Persönlichkeit, seine Kultur, seine Vorerfahrungen, seine Art zu denken. Doch erst durch die moderne Entwicklungspsychologie sind wir uns über das Ausmaß bewusst geworden, in welchem sich das Denken verschiedener Menschen voneinander unterscheiden kann. Ein Mensch auf der Stufe Purpur (Code von Spiral Dynamics) kann die Erfahrung eines auf der Stufe Orange (auch bei bestem Willen!) nicht verstehen, nachvollziehen oder gar teilen, genauso umgekehrt. Nicht unbedingt, weil das eine komplexer oder simpler ist als das andere, sondern einfach, weil die Umgebungen und die Umstände, mit denen die Menschen zu tun haben, gänzlich andere sind. Unser Gehirn ist derart anders strukturiert, dass wir es nicht begreifen können, wie ein anderer Mensch so denken, fühlen und handeln kann.

Schauen wir uns das einmal konkret an einigen Beispielen aus der Bibel an:

Es ist völlig natürlich, wenn wir es befremdlich finden, dass Abraham seinen Sohn Isaak opfern wollte, ein ganzes Volk um einen goldenen Stier tanzt oder einen Sündenbock in die Wüste schickt. So etwas macht hier einfach niemand mehr: Unsere Werte und unser Gottesverständnis ist im Allgemeinen ein anderes. Zwischen dieser Art der Religiosität und der unseren liegen einfach zu viele Stufen.

Wenn wir etwas als primitiv, anstößig oder problematisch empfinden, ist das ein Zeichen dafür, dass unsere eigene Religiosität den Schwerpunkt auf einer anderen Bewusstseinsstufe (Mem) hat. Und wenn uns etwas unglaubwürdig, abgefahren oder unerreichbar erscheint, (oder auch, wie im Falle von Jesus meistens geschehen, als unwiederholbar und einzigartig) könnte das also ein Hinweis darauf sein, dass wir es mit einer höheren Bewusstseinsstufe zu tun haben, die sich uns noch nicht erschlossen hat. Zum Beispiel fand und finde ich die Pfingstgeschichte immer noch seltsam: Wie können die Jünger in fremden Sprachen sprechen, die sie nie gelernt haben? Warum hören sie ein Sausen, warum sind sie wie betrunken – was passiert da? Den meisten Menschen, mit denen ich darüber gesprochen habe, geht es ähnlich. Doch Menschen, die bereits selbst ähnliches erlebt haben, z.B. in einer charismatischen Gemeinde, verstehen solche Texte plötzlich gänzlich neu. Andere Beispiele wären die Verklärung Jesu, die Auferweckung des Lazarus oder Jesu Worte am Ende des Markusevangeliums (Mk 16,17f.):

In meinem Namen werden sie Dämonen austreiben; sie werden in neuen Sprachen sprechen; wenn sie Schlangen anfassen oder ein tödliches Gift trinken, wird ihnen das nicht schaden; Kranke, denen sie die Hände auflegen, werden gesund werden.

Ein Mystiker oder Heiler, der über eine oder mehrere dieser Gaben verfügt, wird den Text anders lesen als jemand, der keinen Zugang zu derlei Fähigkeiten hat. Und ein Mensch, der bereits eine Erfahrung des Einsseins mit Gott gemacht hat, versteht die Worte: „Ich und der Vater sind eins“ ebenfalls anders und neu.

Ohne eigene spirituelle Praxis und persönliche Kenntnis tieferer Bewusstseinszustände verlieren viele hochprofessionelle Bibelübersetzer und Exegeten das Gespür für die entscheidende mystische Tiefendimension der biblischen Texte.

(Marion Küstenmacher, Integrales Christentum, S. 279)

Wie gehen wir mit diesen Erkenntnissen um?

Zunächst lassen sie uns die Texte mit anderen Augen lesen:

  • Wir finden überall Stufen verschiedener Bewusstseinsstufen. Ja, jeder Text enthält verschiedene Schichten und Anknüpfungspunkte für jede Stufe: Deshalb können ein kleines Kind und eine alte Oma demselben Text jeweils etwas unterschiedliches abgewinnen. Und das ist doch toll so!
  • Wir werden sensibler gegenüber den Reaktionen, die ein Text in uns auslöst: Widerstand, Abscheu, Staunen oder Wut. Aus: „Wie kann so ein Satz nur in der Bibel stehen?“ wird zunächst neutral zu: „Dieser Satz zeugt von dieser oder jenen Stufe, die in diesem oder jenem Kontext angemessen war.“
  • Wir können fragen: Welche Sehnsucht steht hinter diesem Satz, dieser Erzählung? Welches Weltbild? Welche Werte? Gibt es dennoch eine Erkenntnis, die mir der Text vermitteln kann?
  • Ohne eigene authentische Gotteserfahrungen bleibt die Bibel ein durch und durch unverständliches und anstößiges Buch. Aus unsrer Erfahrung in Kontemplation und Aktion lesen wir die Bibel dagegen mit immer tiefer gehendem Verständnis.

Manchmal kann die Erkenntnis einfach sein: „Wie gut, dass ich heute anders denken kann und mir einige Worte Jesu dabei geholfen haben, das zu tun. Z.B. Jesus hat mir die Idee der Feindesliebe eingegeben und deshalb sind mir Erzählungen von Krieg und Gemetzel zuwider. Aber ich verstehe, dass der Autor in Umständen gelebt hat, in denen es primär um das Überleben des Stärkeren ging und dabei waren ihm seine Vorstellungen (zeitlich begrenzt) hilfreich.“

Wir können heute einfach nicht mehr annehmen, dass jedes Wort der Bibel von „Gott“ inspiriert worden ist. Im Buch Josua lesen wir, dass Gott befahl alle Menschen, auch alle Kinder, umzubringen. Die Autoren, die das schrieben, dachten sich von „Gott“ inspiriert, wir aber nicht mehr.

Wir müssen verstehen, dass die Geschichte der hebräischen Schriften, die Geschichte der Nachkommen Abrams, die Geschichte eines sich entwickelten Bewusstseins ist. Hier entwickelte sich etwas über viele Stufen. Manchmal gab es große Sprünge, meistens aber ging es sehr langsam voran.

(Markus Roll, deutscher integraler Theologe aus Berlin, https://www.santablacksheep.com/shop/)

Meine These ist:

Die Bibel ist eines der faszinierendsten Zeugnisse menschlicher Bewusstseinsentwicklung überhaupt – und gleichzeitig beschleunigte sie bei denen, die sie lasen, deren Bewusstseinsentwicklung.

Was meint ihr?

3 comments

  1. Liebe Sandra, integral die Bibel lesen, finde ich sehr spannend und ich kann Deine Haltung aus eigener Erfahrung teilen. Was z.B. die Opferhandlung von Abraham betrifft, so kann ich sie heute verstehen. Allerdings gab es eine Zeit, da fand ich das nur furchtbar und habe es total verurteilt. Und heute, wo ich purpur auch in mir entdecken und transformieren durfte, kann ich ihn aus seiner Zeit und seinem Bewusstseinszustand heraus verstehen.

  2. Guter Wille allein reicht nicht

    Überlegungen zum Lesen und Verständnis der Bibel und Integrales Christsein

    Immer mehr Menschen sind auf der Suche nach dem wahren Sinn des Lebens. Dabei geben sie jedoch „gutgemeint“ dem „Selbst“ immer noch zu viel Raum.
    In vielem verhalten wir uns wie die „Schriftgelehrten“, als Jesus ihnen entgegentrat. Wir erkennen und benennen wichtige Aspekte des Daseins und äußern sie schriftlich oder als Vorträge mehr oder weniger gut formuliert. Wir freuen und begeistern uns über Einsichten so, dass wir sie vermitteln. Gleiches gilt, wenn wir anerkennende Resonanz durch Leser, Zuhörer und Anhänger erhalten. Die immer größer werdende Zahl an Menschen, die sich in diesem „Feld“ bewegen, zeigt, wie anziehend und reizvoll die Auseinandersetzung mit dem Sinn des Lebens ist. Darüber hinaus zeigt uns gerade die gegenwärtige irdische Verfassung, wie notwendig sie ist. Das ist sicherlich der entscheidende Grund für das Bedürfnis, an der Verbesserung der Lage für sich selbst, für den „Nächsten“ und für die „Welt“ seinen Anteil zu leisten. Auf dem lohnenswerten Weg zum Besseren gibt es einen regen Austausch, unterstützende menschliche Begleitungen und Hilfen.

    Im „spirituellen“ Bereich bleibt man nicht verhaftet am Sichtbaren und wissenschaftlich Erklärbaren. Man öffnet sich unterschiedlichen geistigen Bewusstseinssphären.
    Meditation ist aktuell sicherlich die meist verbreitete Methode für tiefergehende Wahrnehmungen. Zahlreiche Menschen mit unterschiedlichen Haltungen nutzen diese Vorgehensweise zur spirituellen Entwicklung und machen ihre Erfahrungen.
    „Integrale Theologie“ und „Aktion und Kontemplation“ sind zwei von vielen Ergebnissen. Alles zusammen ergibt jedoch (noch) kein einheitliches „Bild“. Es bietet allerdings so viel Material, dass jeder Suchende das findet, was ihn augenblicklich anspricht.
    Trotz der Unterschiede und der teilweise sich widersprechenden Erfahrungen und Erkenntnissen spüren alle, die nach dem Sinn des Daseins suchen, vielfältige Mängel an Lebenserscheinungen. Sie versuchen ihren Teil zu Weitergehendem beizutragen, um damit die Mangelerscheinungen zu beseitigen.
    Dabei ist es ein gemeinsamer Faktor, dass der „Mensch“ meint, durch sich und sein Selbst fähig zu sein, die notwendigen Lösungen zu finden, ihnen nachzugehen und sie umzusetzen.
    Er glaubt, wenn er verantwortlich, lernbereit und bewusst nur genügend an sich und seiner Umwelt arbeitet, er ein geheilter Mensch werden kann.
    Dieses Ziel ist vollkommen erstrebenswert und es ist angemessen, denn dieser Zustand ist der Ursprüngliche des „Menschen“.
    Gott erschuf den Menschen als sein Bild, als Bild Gottes erschuf er ihn. Männlich und weiblich erschuf er sie.
    1. Mose 1, 27
    Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut.
    1. Mose 1, 31
    Es ist vollkommen richtig, diesem Zug zu folgen. Dabei sollten wir uns möglichst bewusst sein, was das lebenswerte Ziel ist, wie wir uns dahin angemessen bewegen und welche augenblicklich authentische Position und Haltung wir haben.
    Inwieweit sind wir in der Lage diese wichtigen Faktoren zu erkennen? Das gilt es zu klären, denn jede Fehleinschätzung beeinflusst die Richtung und führt möglicherweise nicht zum gewünschten Ziel, uns vom falschen und leidenden Hiersein zu lösen, zugunsten des wahren und lebendigen Daseins.

    Betrachtet man die Entwicklung der letzten Jahre im spirituellen Bereich, scheint es keine Grenzen mehr zu geben. Immer mehr Menschen sind von sich so überzeugt, dass sogar Behauptungen wie „Ich/Wir bin/sind Gott“; „Wir sind alle Eins“; „Ich bin der Schöpfer meines Seins“ und vieles Vergleichbare, ernsthaft geäußert werden und ebenfalls ernsthaft Resonanz finden. Wo kommt so viel übertriebene Überzeugung von den eigenen Kräften her?
    Der Grund allen Übels ist das falsch verstandene und gelebte Selbst.
    Besonders betroffen sind die, die gutgemeint immer noch zu sehr ihr „Menschliches“ als Motiv und Gradmesser von Lebenssinn sehen und gutgläubig ihre Hilfe zur Verbesserung in diesem Sinn anbieten. Wie sehr diese Angebote letztendlich eigensinnigen Ursprung haben können, und der Lebens-Weg – der so begangen wird – nicht zum wahren Ziel führt, wird nicht oder noch zu wenig wahrgenommen. Das trifft auch im unterschiedlichem Maß für alle „Heil“-Aktivitäten zu, in denen Menschen „Leiter-“, „Vermittler-“ und vergleichbare Positionen einnehmen und dadurch den einzig wahren Vermittler zum Heil: Jesus Christus, nicht vollkommen wirken lassen.
    Die unterschiedlichen Reaktionen auf Jesus hinsichtlich Seiner Göttliche Menschwerdung und Seine einzigartige heilgebende Kraft verdeutlichen eine noch zu geringe Anteilnahme und andererseits wesentliche Widerstände bis in unsere Zeit.
    Wie zu Zeiten Jesu erfassen wir die subtilen Erscheinungen unsere Selbstsucht noch nicht bewusst genug, weil wir immer noch zu sehr von menschlich bestimmten Einsichten und Erkenntnissen begeistert sind. Gegenseitige Anerkennung von Vermittlern und Anhängern nähren den Stolz. Der Mensch sieht sich und seine Vorstellungen gern als Quelle. So bleibt man im Selbstgeschaffenem, hält daran begeistert fest und verbreitet das „kostbare Gut“
    Wer so sucht und aus seinem Selbst-Bewusstsein schlüssige Antworten erhält, meint, das Wahre und Richtige gefunden zu haben. Er ist in seinem Tun und den daraus entstandenen Erfahrungen und Wissen befriedigt. Die Selbstgenügsamkeit verhindert Weitergehendes.
    Durch diesen Zustand interessiert man sich nicht mehr dafür, wie die wirkliche Beziehung zu Gott aus Seiner Sicht ist.
    Das trifft sogar auf Menschen zu, die eine Verbindung zum „Göttlichen“ haben wollen und aktiv an einer Intensivierung der Beziehung arbeiten, wenn diese zu einseitig aus dem eigenen Willen vollzogen wird.
    Auch hier besteht die Gefahr, dass „Menschliches“ und seine Vorstellungen zu sehr bestimmen. Anstelle eines unmittelbaren Dialogs mit dem „lebendigen Wort Gottes“, macht man sich selbst ein „Bild“. So wird verständlich, warum so unterschiedliche „Bilder“ existieren, die noch keine Einheit darstellen. Letztendlich ist auch hier die Hinwendung an das Selbst größer, als die selbstlose Hinwendung zum Geist Gottes. So „betet“ man Gott noch nicht angemessen „im Geist und in der Wahrheit“ an.

    Nachfolgend möchte ich am Beispiel von „Buddha“ und „Petrus“ Näheres zu der Problematik erläutern.
    Buddha war jemand, der sich wie kaum ein anderer Mensch dafür einsetzte, das Leid der Menschheit zu beseitigen. Er hatte eine außergewöhnliche Motivation und entwickelte daraus eine für ihn vollkommen schlüssige Lehre. Er entdeckte einen Weg, den er als heilsam wahrnahm. Dadurch war er überzeugt, die Lösung gefunden zu haben. Gutgemeint war er bestrebt, möglichst vielen Menschen seine Lehre zu vermitteln, um auch sie vom Leid zu befreien. Die Lehre wurde aufgenommen und bis in unsere Zeit weitergegeben. Sicherlich ist durch die unterschiedlichen Vermittlungsumstände die „reine“ ursprüngliche Lehre nicht vollkommen authentisch vorhanden. Trotzdem ist das „Buddha-Bewusstsein“ und zahlreiche Variationen von dem, was aus diesem Bewusstsein gemacht wurden, sehr wirksam. Gerade im spirituellen Bereich ist der Einfluss dieser Geisteshaltungen enorm groß. Von ihnen sind viele begeistert und lassen sich durch sie anstecken. Sie alle erzeugen ein „Geistiges Licht“, von dem sie überzeugt sind, dass es durch Wahrheit erleuchtet ist.

    Buddha ist ein prägnantes Beispiel eines Menschen, an dem sich zeigt, was passieren kann, wenn man zu weit geht, ohne sich selbst darüber klar zu sein. Buddha fehlte aus seiner Sicht vollkommen eine Verbindung zu Gott, weil er sie nicht anstrebte und wollte. Er entdeckte in diesem Zustand einen Weg, den er als heilsam wahrnahm. Daraus kann man ihm keinen Vorwurf machen. Aber sein Bewusstseinsstreben wurde unangemessen groß. Sein Selbst bestärkte permanent diesen Wachstumsprozess. Schon sein Wunsch, allgemeingültig die Lösung für das „Leid“ finden zu wollen, war übertrieben. Indem er das Heil, was er auf seinem Weg erfahren hatte, als allgemein gültig verbreitete, machte er sich zum Heils-Bringer. Dieses Bestreben wurde der „Tyrann“ in seinem sich zu wichtig nehmendem Bewusstsein. Gleichzeitig machte er sich so zum „Opfer“. Denn durch die geschaffene „Lösung“, von der Buddha überzeugt war, dass sie vollkommen richtig ist, hatte er sich innerhalb seines Bewusstseinszustandes gegenüber der echten weiterbringenden Verbindung mit dem Schöpfer-Gott komplett verschlossen. Vergleichbares findet bei allen statt, die den „Buddha-Geist“ oder den eigenen „Geist“ als „Schlüssel“ zum wahren Sein erfassen.
    Unbewusst und bewusst unterstützen sie einen Seins-Zustand, dessen Ziel vollkommen „schlüssig“ die sogenannte „Leere“ und das Nirwana ist.
    Nir·wa·na/Nirwána/ [das] (im Buddhismus) Endziel des Lebens als Zustand völliger Ruhe.
    Jeder, der diesen Zustand erfahren möchte, kann ihn erleben. Meditation und Achtsamkeit sind dafür passende Methoden. Genauso passend ist als äußerer Ausdruck der inneren Verfassung die Sitzhaltung des Buddha und des Meditierenden. All diese Erfahrungen scheinen das „Buddha-Konzept“ zu bestätigen. Was jedoch falsch ist, ist diesen Zustand als das „Endziel des Lebens“ zu bezeichnen. Denn keiner von uns kann das „Endziel“ sehen und kennen. Unsere Sinne haben diese Fähigkeit nicht. Außer Vermutungen, Vorstellungen und Erfahrungen durch Bewusstseinszustände gibt es in uns nichts, was so weit blicken kann.
    Buddha entwickelte eine selbstgemachte Weisheit, die aus einem begrenzten Selbst-Bewusstsein stammt. Er konnte genau wie wir die letztendlichen Auswirkungen seiner Haltung und Handlungen nicht wirklich übersehen und einschätzen. Trotzdem meinte er das „Endziel“ und den Weg dorthin zu kennen. Er sah darin einen Ausdruck von wahrer Erleuchtung. Es ist jedoch ein „Licht“, was nicht durch das Göttliche Licht oder den Göttlichen Funken entzündet wurde, sondern aus der Begeisterung des begrenzten Selbst-Bewusstseins, was seine Grenzen willentlich überschreitet.
    Buddha war nicht der ursprünglichste Auslöser von einem „falschen Licht“. Aber er hat sein Bewusstsein daran entflammt. Durch Selbst-Begeisterung hat er sein Selbst überschätzt. Damit war er in Resonanz mit dem Bewusstsein, was Falsches ausstrahlt. Dieses Licht der Erleuchtung ist Teil des „luziferischen Prinzips“. Buddha wurde dadurch (sicherlich unbewusst) Opfer und Täter innerhalb dieses Prinzips.
    Wir wissen nicht, wie der Zustand von Buddha augenblicklich ist. Wir sollten uns aber möglichst über unsere Ausrichtung und deren Auswirkungen Klarheit verschaffen, ehe wir sie anderen zu voreilig als Hilfe vermitteln. Ansonsten handeln wir verantwortungslos und gefährden nicht nur uns, sondern auch alle anderen, wenn wir uns und andere in trügerische Bereiche bringen.
    Für eine wirkliche Aufklärung sind Gedanken und menschlich bestimmte Erfahrungen allein nicht ausreichend. Zum wiederholten Mal lässt sich feststellen: Wir brauchen eine Inspiration, die über unser begrenztes Bewusstsein möglichst weit hinausgeht und uns Wesentliches vermittelt.

    Der einzig wahre Vermittler, der diese Kapazität und Qualität besitzt ist Gott selbst.
    Gott selbst gab uns, als Er Mensch wurde, beispiellos nicht nur für uns sein Leben hin, sondern zeigte uns vorbildlich den Weg zurück zu der „Gottebenbildlichkeit“.
    Jesus Christus ist der wahre wertvolle „Schlüssel“, der uns den Weg zum endgültigen Heil geöffnet hat. Wir bestimmen, ob und wie wir den „Schlüssel“ erfassen.
    Als Jesus berührte Gott unmittelbar in seiner menschgewordenen Erscheinung die, die ihm begegneten. Vieles davon wurde uns mittelbar schriftlich hinterlassen. Insbesondere die Evangelien
    zeugen von damaligen Äußerungen und Ereignissen, die eine Fülle an wertvollen und zeitlosen Hinweisen enthalten. Die weitergehende Hilfe, die den Jüngern durch Jesus Christus nach Seinem Abschied von dem irdischen Leben gegeben wurde ist der „Beistand“:
    „Liebt ihr mich, so haltet meine Gebote! Und ich will den Vater bitten, und er wird euch einen anderen Beistand geben, dass er bei euch bleibt in Ewigkeit, den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, denn sie beachtet ihn nicht und erkennt ihn nicht; ihr aber erkennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein. Ich lasse euch nicht als Waisen zurück; ich komme zu euch.“
    (Johannes 14,15-18)
    Was Jesus hier den Jüngern mitteilt, ereignete sich beim Pfingstereignis für die
    zusammengekommenen Gläubigen. Seitdem können alle, die eine vergleichbare Gesinnung haben, unabhängig von Raum und Zeit daran teilhaben.
    Die Zuneigung und Liebe zu Jesus äußert sich im „Halten seiner Gebote“.
    „Und so lautet mein Gebot: Liebt einander, wie ich euch geliebt habe.“ (Johannes 15,12)
    Wie schwierig das für das menschliche Selbst-Bewusstsein ist, zeigt sich sogar im Verhalten der Menschen, die nah bei Jesus waren zu Seiner irdischen Lebenszeit und auch denen, die Seine Nähe seitdem geistig erfahren möchten. Das, was gutgemeint aus dem Selbst die Beziehung zu Jesus bestimmen will, ist teilweise extrem gegen Seinen Willen und Seine Vorsehung gerichtet. Allein am Beispiel der Jünger wird in dieser Hinsicht vieles verdeutlicht.

    Petrus äußert als erster der Jünger, dass Jesus der Christus ist. Auf diese wesentliche Einsicht reagiert Jesus:
    Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut hat dir das nicht geoffenbart, sondern mein Vater im Himmel! Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. Und ich will dir des Himmelreichs Schlüssel geben; und was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein; und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein.
    (Matthäus 16, 17-19)
    Petrus ist intuitiv vom Geist Gottes berührt worden. Die innige und liebevolle Verbindung zu Jesus ist sicherlich der „Herzens-Grund“ für diese „Berührung“. Dieser „Grund“ ist die entscheidende Haltung in der Beziehung von „Mensch“ zu „Gott Vater Jesus Christus“.
    Aus der echten Liebe wächst alles Lebenswerte im Sein der Schöpfung! Diese Liebe ist der „Fels“. Diese Liebe ist die Grundlage, dass der Mensch „des Himmelreichs Schlüssel“ erhält. Nicht als Besitz, sondern zur Teilhabe an der Schöpfung in der gemeinsamen Kindschaft. Dabei bleibt Petrus in seinem Menschlichen – wie wir alle – begrenzt und unbeständig.
    Das ist solange kein Handicap bis zu dem Punkt, wo man sich und sein Selbst zu wichtig nimmt.
    Durch das Verhalten von Petrus (kurz nach seiner intuitiven Einsicht) erfährt man, wie schnell der Mensch in der Beziehung zu Gott zu weit gehen kann (Gott verleugnen), und durch die Reaktion von Jesus, welche Auswirkungen das hat.
    Von der Zeit an begann Jesus seinen Jüngern zu zeigen, dass er nach Jerusalem hingehen müsse und von den Ältesten und Hohenpriestern und Schriftgelehrten vieles leiden und getötet und am dritten Tag auferweckt werden müsse. Und Petrus nahm ihn beiseite und fing an, ihn zu tadeln, indem er sagte: Gott behüte dich, Herr! Dies wird dir keinesfalls widerfahren. Er aber wandte sich um und sprach zu Petrus: Geh hinter mich, Satan! Du bist mir ein Ärgernis, denn du sinnst nicht auf das, was Gottes, sondern auf das, was der Menschen ist. Dann sprach Jesus zu seinen Jüngern: Wenn jemand mir nachkommen will, verleugne er sich selbst und nehme sein Kreuz auf und folge mir nach! Denn wer sein Leben retten will, wird es verlieren; wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, wird es finden. Denn was wird es einem Menschen nützen, wenn er die ganze Welt gewönne, aber sein Leben einbüßte?
    (Matthäus 16, 21-26)
    Petrus meint, über Jesus Christus bestimmen zu können. Damit überschreitet Petrus die durch Gott gesetzte Grenze des geschaffenen Selbstbewusstseins.
    Der Mensch Petrus maßt sich an, den vorgesehenen Weg Gottes durch allzu „Menschliches“ zu durchkreuzen. Diese Haltung resultiert aus der ungenügenden Verbindung mit Gott. Das Motiv mag in dieser Situation von Petrus „gutgemeint“ gewesen zu sein, aber der ursächliste Hintergrund ist „satanisches Bewusstsein“, weil sein Eigensinn von dem Bewusstsein Gottes getrennt ist!
    Der weitere Werdegang von Petrus vertieft das Verständnis, wie nah Hingabe an Jesus Christus und Hingabe an das eigensinnige Selbst in der Liebe des Menschen beieinander sind. Dabei ist das Prinzip „Verleugnen“ richtungsweisend für beide Seiten.

    Übereinstimmung mit Gott gelingt nur in der Verleugnung jedes Eigensinns.
    Dagegen verleugnet der Eigensinn Gott, weil er wegweisend und bestimmend sein will. Dieser Anspruch behindert jede echte Gemeinschaftlichkeit.
    Das gilt auch für die Vermittler, die in „Namen Gottes“ wirken und dabei das Bedürfnis nach einer Sonderposition haben, weil sie Eigensinniges in sich noch nicht verarbeitet und aufgelöst haben. Sie glauben ihr Einsatz unterstützt die Gemeinschaft mit Gott. Sie bieten sich aus ihrer Sicht „dienend“ an und begleiten andere auf einem „Weg“, den sie als richtig ansehen. Hier bestehen wesentliche Parallelen u.a. zu Buddha und anderen Vermittlern im seelisch geistigen Bereichen.
    In ihrer Begeisterung für das eigene Tun besteht die Gefahr (meistens unbewusst), den einzig wahren Vermittler und Heiler, den Christus Gottes, noch nicht angemessen wirken zu lassen. Diese unpassende Position wird bei den selbsternannten Lebenshelfern noch bestärkt, wenn immer mehr Zuhörer und Anhänger als „Weggefährte“ teilnehmen und sowohl die „Weg-Führung“ als auch den „Weg“ mit ihrer Begeisterung „beleuchten“.
    So wird in unterschiedlicher Weise „Hingabe“ (u.a. im „guten Willen“) vollzogen, die noch nicht konsequent der „Hingabe“ im „Willen Gottes“ entspricht. Das ist damit nicht unbedingt verkehrt, denn diese Aktivitäten können trotz noch vorhandener eigensinniger Anteile ihren Teil zur Gemeinschaft im Sinne Gottes beitragen.
    Anders wird es, wenn man das Vorgehen oder das, was das Selbst davon hat, als so bedeutsam sieht, dass man dadurch dabei stehen bleibt, auch wenn es weiterbringende Möglichkeiten gibt.
    Man fühlt sich wohl in seiner Position, aber öffnet sich nicht notwendigem Weitergehenden.
    Jeder Vermittler, der diese Haltung nicht überwindet, stellt sich letztendlich Gott in den Weg. Was das bedeuten kann und wozu das führen kann, haben die „Schriftgelehrten“ in ihrer Beziehung zu Gott und seiner Menschwerdung als Jesus eindringlich gezeigt.

    Aus ihrer Sicht stellte Jesus sie öffentlich bloß und untergrub ihre Autorität. Er war für sie viel gefährlicher als alles andere. Denn er störte alles Eigensinnige und das, was man dadurch erworben hatte. Die „Schriftgelehrten“ missbrauchten Gott, ohne dass sie oder andere diese Schuld in diesem Ausmaß wahrnahmen.
    Jesus konfrontierte sie mit Seiner Haltung. In Seiner Sündlosigkeit deckte Er alles Sündhafte auf, was die Herrschsucht der „Schriftgelehrten“ unter dem Deckmantel des demütigen Gottesdieners entwickelt hatten. Gleichzeitig bot Er sich als „lebendiges Wort“ zur Hilfe an, um alles Falsche zu überwinden. In der unmittelbaren Begegnung mit Jesus gab es für die „Schriftgelehrten“ die Möglichkeit Seine einmalig wertvolle Hilfe anzunehmen. Dadurch hätten sie das „wahre Leben“ wieder erfassen können.
    Das Leben Gottes als Mensch auf dieser Erde hat uns den Weg und die Rückkehr ins „Vaterhaus“ geöffnet und bereitet. Niemand sonst als Gott war dazu in der Lage. Je mehr man diese Zusammenhänge erfasst, desto stärker empfindet und begreift man die Liebe Gottes zu allem Sein.
    Nachfolge von Jesus Christus bedeutet in dieser Hinsicht die Bereitschaft, alles Mögliche was eine Rückkehr in die geistige Heimat zu Gott Vater für sich und auch andere unterstützt, zu fördern.
    Dazu ist der Fokus im Wesentlichen auf sich zu richten. Wie weit bin ich bereit meinen „Deckmantel“ durch den Geist Gottes entfernen zu lassen, um zu sehen, wie mein seelisch geistiger Zustand wirklich ist?

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