Integrales Glaubensbekenntnis gesucht

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In der Gemeinde, in die mein Mann und ich zum Gottesdienst gehen, wird fast jedes Mal das Apostolische Glaubensbekenntnis gesprochen. Ich werde immer zögerlicher, es mitzusprechen, denn es ist schon lange nicht mehr Ausdruck meines Glaubens: „aufgefahren in den Himmel, sitzt zur Rechten Gottes“ klingt mythologisch, „geboren von einer Jungfrau“ dogmatisch und warum Pontius Pilatus die Ehre zuteil werden soll, jeden Sonntag erwähnt zu werden, erschließt sich mir auch nicht. Das Nizänische Glaubensbekenntnis ist aufgrund seiner starken Ähnlichkeit keine wirkliche Alternative. Allein die Art und Weise, wie monoton das Bekenntnis von anderen heruntergeleiert wird, zeigt mir, dass ich nicht die einzige bin, der es so geht. Wer mich, weil ich diese ganz offensichtliche Wahrheit ausspreche, in die Häretiker-Ecke stellen will, darf das gerne tun – und sich anschließend selbst fragen, wie denn sein ganz persönliches Glaubensbekenntnis ausfallen würde, wenn er sich einmal erlauben würde, uneingeschränkt ehrlich gegenüber sich selbst zu sein. Auch ich habe in einer Ecke meines Herzens nicht aufgehört, diese(s) Glaubensbekenntnis(se) zu lieben – schon allein aufgrund ihrer unvergleichlich eingängigen Sprache und weil sie immerhin den Willen zum Ausdruck bringen, eine Gemeinschaft „im Glauben“ zu sein.

Dennoch bin ich auf der Suche nach einem Bekenntnis, das ein integraler Christ aus vollem Herzen mitsprechen könnte. Dabei habe ich mitunter diese zwei gefunden:

Das erste stammt von einer integralen Unity Church Gemeinde in den USA in Suquamish, Washington. Ich habe es für euch ins Deutsche übersetzt.

Wir glauben an den Gott, der wahrgenommen, aber niemals vom Verstand begriffen werden kann. Wir beteiligen uns an diesem Heiligen Mysterium durch die essenzielle Natur unseres Seins und unsere Beziehungen. Wir glauben, dass Gott sich offenbart hat und weiterhin im Lauf der Geschichte die Kraft des Lebens in Schöpfung, in Heilung und Beziehungen der Liebe offenbaren wird.

Wir glauben, dass das Göttliche uns lebt, atmet, denkt, wir ist. Wir verstehen unter „Sünde“, dass wir über unsere essenzielle göttliche Natur im Unwissen sind. Wir glauben, dass Jesus seine wahre Natur als der Christus, Sohn Gottes, verwirklicht hat. Wenn wir uns auf die Erkenntnis unserer wahren Natur zu bewegen, bewegen wir uns auf den Christus in uns selbst zu.

Wir wenden uns den heiligen Texten zu, darunter der Bibel, und erlauben der Schrift uns zu treffen und zu inspirieren, indem sie mit uns in Resonanz geht und unsere eigene Spiritualität herausfordert.

Wir glauben an den teilnahmsvollen Dienst an unserer Gemeinschaft und an der Welt und an die Vertiefung unserer inneren Verbindung mit dem Göttlichen als Richtschnur für unser Handeln.

Wir respektieren die Kraft des Heiligen Geistes, der in jeder Person unterschiedlich wirkt. Wir glauben, dass es innerhalb der christlichen Tradition viele Wege gibt, zu verstehen, zu leben und zu lobpreisen. Wir pflegen eine Kirchengemeinschaft, die Individuen auf jeder Etappe ihrer Glaubensreise willkommen heißt.

About Us

Das zweite stammt von der Unity Church in Deutschland:

Gott ist Quelle und Schöpfer alles Seienden. Es gibt keine andere immerwährende Kraft. Gott ist gut und allgegenwärtig.

Wir sind geistige Wesen, nach Gottes Vorstellung geschaffen. Der Geist Gottes lebt in jedem Menschen, weshalb alle Menschen von Natur aus gut sind.

Wir erschaffen unsere Lebenserfahrung durch die Art und Weise unseres Denkens und Fühlens.

Bejahendes Gebet besitzt Kraft. Wir glauben daran, dass diese Kraft unsere Verbindung mit Gott stärkt.

Das Wissen um diese geistigen Prinzipien ist nicht ausreichend. Wir müssen sie leben.

UNITY-Akademie für
angewandtes Christentum e.V. (https://unitydeutschland.de)

Zu der Unity Church gerne ein anderes Mal mehr…

Was haltet ihr von diesen? Was wären eure Glaubensbekenntnisse?

20 comments

  1. Liebe Sandra,
    danke für diesen Text. Ich hhabe mein Glaubensbekenntnis beigefügt, dass ich letztes Jahr geschrieben habe. Übrigens bib ich in Kontakt mit Silent Unity deutschland.
    Liege Grüße von Mirijam.
    Hier mein Credo:

    CREDO

    Ich glaube an GOTT
    den Vielnamigen
    den Bild- und Namenlosen
    das ewige Geheimnis

    Ich glaube
    dass GOTT in mir
    und ich in GOTT bin
    dass GOTT in aller Schöpfung
    und zugleich Urquell ist
    und daran dass GOTT den Menschen
    nach Seinem Bild gut und ganz
    als Frau und Mann erschaffen hat

    Ich glaube
    dass GOTT als dieser Mensch
    zu dieser Zeit
    an diesem Ort
    über die Erde gehen will
    und dass das der Grund ist
    warum wir hier sind

    Ich glaube
    dass der Mensch von den Schmerzen
    seiner Vergangenheit heilen kann
    so dass er in Frieden und Freude
    mit sich und aller Schöpfung lebe
    und dass das seine Aufgabe ist
    hier auf Erden

    Ich glaube
    an Jesus von Nazaret
    und daran dass er geboren wurde
    damit wir das Heilwerden lernen
    und erkennen
    das Reich GOTTES ist schon in uns

    ich glaube daran
    dass GOTT in uns geboren werden will
    jetzt
    und daran
    dass wir alle Marias Schoß sind

    Ich glaube
    an die eine Ruach
    die über den Wassern schwebt
    und uns neu gebären kann

    Ich glaube
    an die eine Liebe
    und daran dass sie als stiller Raum
    in uns allen ist
    wie wir in ihr sind
    und dass sie
    sie sich verströmen will

    Ich glaube
    an die Auferstehung des Lebens
    im tiefsten Schmerz
    und in jedem Moment

    Ich glaube
    dass wir vor aller Geburt
    Auferstandene sind
    und daran dass unser Tod
    eine Heimkehr
    in die strahlende Freude
    eines neues Seins ist.

    Amen Mainz, 7-Dezember 2018

    1. Liebe Mirijam, wow! Ich bin hellauf begeistert. Was ist das für ein wunderschönes Bekenntnis!!! So poetisch und gleichzeitig theologisch durchdrungen. Hammer! Vielen, vielen Dank dir dafür. Lg

      1. Liebe Sandra, ich freue mich sehr über Dein Feedback, besonders auch über das „heologisch durchdrungen“, da ich von Haus aus keine Theologin bin, sondern Germanistin. Ich habe mir vieles autodidaktisch angeeignet, weil mir die „Rede von GOTT“ schon immer ein Herzensanliegen war. Ganz liebe Grüße.

  2. Liebe sandra.

    Mir geht es genauso .

    Nach einer gotteserfahrung mit 38 j war ich 12 jahre lang in einer fundamentalistischen charismatischen gemeinde in münchen.das wurde mir zu eng nach einigen negativen erfahrungen .meine suchenden fragen und zweifel wurden als unglaube abgewehrt. Ich bin dann mit meinem mann in die evangel.kirche, weil wir uns mit einem ehepaar befreundet haben ,die hebräisch und griechisch konnten und wir haben 15 jahre lang die bibel studiert nach dem urtext.

    Dann sind wir in den interreligiösen dialog und haben auch dort eine starke enge empfunden.jetzt sind wir im herzen garnichts und alles—gehen jede woche ins buddhahaus in münchen zur vipassana meditation und den „weg des herzens“ (nach jack kornfield) und erfahren durch die regelmäßige spirituelle praxis und die meditation eine transformation .

    Ein nicht leichter ,aber sehr spannender ,lebendiger weg „nach hause“

    Jesus ist uns nach wie vor sehr wichtig und jetzt mit deinem newsletter spüre ich ,dass es anderen menschen ähnlich geht.

    Danke dafür liebe sandra. J

    Von herz zu herz verbunden marion und franzl aus münchen

    1. Liebe Marion, da hast du ja einen langen spannenden Glaubensweg hinter dir. So schön, dass ihr jetzt regelmäßig meditiert und euch dadurch transformieren dürft! Schade, dass ihr gerade im interreligiösen Dialog so eine Enge spüren musstet – für viele ist ja das miteinander reden schon eine sehr erfreuliche Weitung 😉 Es freut mich, dass du etwas mit dem anfangen kannst, was ich schreibe. Herzliche Grüße

  3. Ich finde beide beitrage wirklich für mich treffend.das könnte ich sprechen J

    Wobei der 2. Beitrag sicher einfacher zum gemeinsamen sprechen ist.

    Lg marion

  4. Ach ja –dieses glaubensbekenntnis habe ich auch in christlichen gemeinden schon jahrelang nicht mitsprechen können.

    marion

  5. Wertvoller als jedes Glaubenbekenntnis ist die Selbsterkenntnis.
    Jeder individuelle Verstand lebt in eigener Glaubenblase, die solange sich vergrößert und eigene Gültigkeit genießt, bis sie zerplatzt.

    1. Non duales, integrales Bewusstsein heißt für mich, dass das eine das andere nicht ausschließt, denn jenseits von richtig und falsch, DORT treffen wir uns.

      1. Nun, für dich kann dies stimmen, was aber, wenn dies tatsächlich nicht stimmt?
        Das Relative an persönlichen Meninungen ist auch das Komische daran.
        Non-dual heißt EINHEITLICH, UNZERTRENNLICH. Bewusstsein ist eben unzertrennlich , non-dual per se. Einheit ist par excellence das Attribut sine qua non des Bewusstseins.
        Subjektive „Wahrheiten“ sind absolut vergänglich und dazu absolut transformierbar- im Gegensatz zum Absoluten, das ewig und untransformierbar, unwandelbar ist. Das Denken ist nur das, was unter der Glocke lebt. Denken ist die Glocke selbst, aber nicht das Selbst, das Bewusstsein.
        Wie will man bloß mit dem Vergänglichen und Begrenzten ausgerechnet das Unvergängliche und Unbegrenzte verstehen??
        Kann man mit einem rostigen Sieb den Ozean messen?

      2. Ich respektiere deine Betrachtungsweise und vertraue meinen Erfahrungen und meinem Erkennen. Und ich weiß viel weniger als mein Verstand mir einzureden versucht. Das macht mich demütig. Für mich ein Not-wendiger Aspekt für integrales Christsein und integrales Bewusstsein überhaupt.

  6. Das erste Glaubensbekenntnis (aus Suqamish) finde ich zu kompliziert. Es besteht aus zu langen Sätzen und enthält zu viele Fremdwörter. Für mich ist das eher ein Positionspapier als ein gemeinsam zu sprechendes Bekenntnis.

    Das zweite Bekenntnis gefällt mir besser, aber ich vermisse einen Bezug auf Jesus darin.

    Mir persönlich gefällt u.a. das folgende Glaubensbekenntnis gut:

    Wir glauben an Gott,
    den Ursprung von allem, was geschaffen ist,
    die Quelle des Lebens, aus der alles fließt,
    das Ziel der Schöpfung, die auf Erlösung hofft.

    Wir glauben an Jesus Christus,
    den Gesandten der Liebe Gottes, von Maria geboren.
    Ein Mensch, der Kinder segnete,
    Frauen und Männer bewegte,
    Leben heilte und Grenzen überwand.
    Er wurde gekreuzigt.
    In seinem Tod hat Gott
    die Macht des Bösen gebrochen
    und uns zur Liebe befreit.
    Mitten unter uns ist er gegenwärtig
    und ruft uns auf seinen Weg.

    Wir glauben an Gottes Geist,
    Weisheit von Gott, die wirkt, wo sie will.
    Sie gibt Kraft zur Versöhnung und schenkt Hoffnung,
    die auch der Tod nicht zerstört.
    In der Gemeinschaft der Glaubenden werden wir
    zu Schwestern und Brüdern,
    die nach Gerechtigkeit suchen.
    Wir erwarten Gottes Reich.

    Amen.

    Quelle: Festgottesdienst 25 Jahre Ev. Gesellen- und
    Meisterverein Bochum-Süd am 19.September 2004
    Ursprung: unbekannt

    1. Ahoi und guten Tag, werter Thomas,

      das paßt doch alles wunderbar in Konzept und Planungen, deine Feststellung,
      auf das Jesus Christus ausgeschlichen werden soll.
      Werde jetzt mal im alten, wie nigel-nagel neuen Sinne ketzerisch:
      Auf dem Weg zur „Eine-Welt-Religion“ stört eben dieser „anstößige, wie wahre“ Jesus.

      Alles Liebe,
      Raffa.

  7. Liebe Sandra,
    zu den konkreten Bekenntnissen schließe mich Thomas Jakob an, das erste ist mir auch zu sehr positionspapiermäßig. Das Credo von Miriam gefällt mir sehr gut!

    Ich habe aber eine grundlegende Frage, und zwar zum Gebrauch des Begriffs „integral“, genauer in der Verwendung wie „integrales Glauibensbekenntnis“, „integrale Kirche“ oder „integraler Christ“. Ich verstehe unter „integral“ so etwas wie „auf die Integrale Theorie bezogen“ oder „im Sinne von Spiral Dynamics“. Ich habe aber den Eindruck, dass mit „integral“ in den meisten Fällen einfach „gelb“ gemeint ist. Auch in diesem Blogpost geht es doch um ein „gelbes Glaubensbekenntnis“. Oder? Ich zum Beispiel suche gar keine „integrale Gemeinde“ (was sollte das auch sein?) sondern eine „gelbe Gemeinde“. Usw… Verstehst du, was ich meine?

    1. Lieber Martin, ja, das stimmt, in diesem Fall meinte ich mit „integral“ tatsächlich ein Bekenntnis, dass einer Spiritualität auf gelbem (oder gar darüber hinaus auf türkis) Niveau entspräche. Diese Unschärfe ergibt sich einfach daraus, dass mit „integral“ unterschiedliche Dinge gemeint sind: Entweder Inhalte, die sich konkret auf die integrale Theorie und integrale Bewegung (Wilber, Integrales Institut, Spiral Dynamics, Steve McIntosh etc.) beziehen ODER „integral“ als Bezeichnung für einen bestimmten Grad an Bewusstheit (wie ihn zB. Jean Gebser eingeführt hat) – wobei das eben oft eins ins andere übergeht, weil nur jemand, der zumindest bereits offen für gelbe Inhalte ist, auch etwas mit der integralen Theorie anfangen kann und andersherum die Beschäftigung mit bestimmten Inhalten der integralen Theorie (zB. das Wissen um die spirituelle Entwicklung) häufig dazu führt, dass gelbes Denken angestoßen wird. Häufig wird „Integral“ auch einfach allgemein und austauschbar im Sinne von „ganzheitlich“ verwendet, wobei ich das auf dem Blog versuche, möglichst zu vermeiden, weil mir das zu schwammig ist. Aber ein ganz wichtiger Punkt, den du da ansprichst! Dank dir.

      1. Okay, danke.Stimmt, Gebser nutzt integral als Bezeichnung für einen bestimmten Bewusstseinsgrad, dann gibt es wirklich diese beiden Bedeutungen. Das war grade sehr hilfreich : – )

        Interessant noch dein Hinweis, dass man für gelbe Inhalte zumindest offen sein muss, um überhaupt etwas mit integraler Theorie anfangen zu können.

  8. Hallo an alle. Ich möchte gerne eine Definition von „Spiritualität“ mit euch teilen. Passt vielleicht nicht ganz zum Thema „Credo“, doch sie hat mich so angesprochen, dass ich sie weitergeben möchte. Sie stammt vom integralen Theologen und Franziskaner Richard Rohr. Er beschreibt Spiritualität als die Sorge um das Sein, als die Sorge um die eigene innere Motivation und Haltung und als die Sorge um die wahre innere Quelle. Und weiter meint er, dass das, was wir tun werden, sich immer „von allein“ ergebe, wenn unser Sein stimme. Das sei die Alternative zur vorrangigen Sorge um das, was man tun solle. Was mir aufgefallen ist und mir auch gefällt, dass er einen mentalen Begriff wie „Spiritualität“ mit einer Herzensqualität verbindet. Und ich habe es so verstanden, dass das „Sollen“ sich noch auf der blauen Stufe befindet und seine Beschreibung von Spiritualität schon auf der gelben mit Tendenz zu türkis.

  9. Man kann Spiritualität definieren, erst wenn man feststellt was Spirit bedeutet. Aber das kann man feststellen erst, wenn man das erlebt. Und wenn man das erlebt, so stellt man fest, das dies undefinierbar ist- weil festlos, endlos, zeitlos, raumlos, persönlichkeitslos, transformationslos, ursachlos, wirkungslos, denkbarlos und gar gefühllos.

    1. Danke! Das ist auch sehr schön. Auf deiner Homepage habe ich noch einen anderen Text zum „integralen Christentum“ entdeckt: WIR SIND DIEJENIGEN. Meinst du, ich dürfte den hier auf meinem Blog teilen? Gerne auch mit deinem ganzen Namen und ein paar Infos über dich. Liebe Grüße

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