Erlöst durch Jesus?!

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In seinem Artikel stellt uns Eduard Fassel eine alternative, unkonventionelle Möglichkeit zur klassischen Sühnetheologie dar, die Erlösung durch Jesus denkerisch zu verstehen. Einige Bibelzitate dazu vorweg:

Wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg. Aber der HERR warf unser aller Sünde auf ihn.

Jesaja 53,6

Am nächsten Tag kam Jesus zu Johannes. Als dieser ihn kommen sah, rief er: »Seht, hier ist das Opferlamm Gottes, das die Sünde der ganzen Welt wegnimmt!

Johannes 1,29

Er, der nie etwas Unrechtes getan hat, ist durch seinen Tod zum Sühneopfer für unsere Sünden geworden, und nicht nur für unsere Sünden, sondern für die der ganzen Welt.

1. Johannes 2,2

Artikel von Eduard Fassel

Man kann die Erlösung in zweierlei Hinsicht verstehen: Als individuelle Nachfolge, also die schrittweise Erlösung eines jeden Einzelnen „durch Ihn und mit Ihm und in Ihm“, aber auch allgemein dahingehend, dass die göttliche Barmherzigkeit uns alle durch Christus erlösen wollte und dafür einen kollektiven Einfluss geltend gemacht hat. Auf einen solchen möglichen Einfluss Seines Erlösungswillens ebenso wie auf das mögliche Ausmaß Seiner Erlösungstat möchte ich hier versuchen tiefer einzugehen…

Als Sohn Gottes in Seinem unermesslichen Erbarmen muss es Sein Anliegen gewesen sein, das größtmögliche für die Erlösung aller zu tun. Es wäre Ihm ungenügend gewesen, nur für die Menschen in Seiner Zeit zu wirken.

Das deckt sich mit dem Ausspruch Jesu in der Privatoffenbarung der Anna Katharina Emmerick, wo Ihn Seine Jünger – die Bedrohung der Stunde spürend – drängen, sich doch zu entziehen, wie Er sich schon so oft entzogen hatte und aus Jerusalem heraus an Orte zu gehen, wo Ihm die Menschen wohler gesonnen sind. Die bedeutungsschwere Antwort: „Wenn ich auch noch mal dreiunddreißig Jahre lebte, lehrte und heilte, reichte es nicht hin, was ich bis morgen erfüllen muss.“

Um diesen Ausspruch genauer zu erklären bediene ich mich einer Theorie von den drei Räumen: Körper-, Gedanken- und Bewusstseinsraum.

Jeder Raum ist wiederum eingeteilt in einen individuellen und einen kollektiven Aspekt, also bspw. der individuelle Körperraum innen und der kollektive Körperraum außen, in dem wir uns wahrnehmen. Jeder Raum ist mit dem anderen durch Tore verbunden (bspw. Augen, Ohren, Mund…) und sie stehen in stetem Austausch untereinander.

Nun zum Gedankenraum.

Auch dieser ist unterteilt in einen individuellen („was muss ich heute einkaufen…“) und kollektiven Aspekt, den wir hier näher betrachten. Angenommen jemand hat sich sehr schlecht benommen, und jetzt hege ich negative Gedanken und Gefühle gegen diese Person. Das ist in zweierlei Hinsicht brisant, erstmal ist es schädlich für mich da es eine negative Spur in meinem Denken hinterlässt, und andererseits ist es auch schädlich für die andere Person! In der indischen Psychologie wird nicht nur der Körper-, sondern auch der Gedankenraum als materiell eingestuft, d.h. hätte man ein entsprechend feines Instrument, könnte man Gedankenwellen messbar machen. Man sagt daher auch: Ein Gedanke ist ein Ding! Wenn ich also gegen die besagte Person negative Gedanken hege, dann mache ich eine Eingabe in den kollektiven Gedankenraum. Und diesen Gedanken kann ich auch nicht mehr zurücknehmen, er ist ja wie ein „Ding“, und das schwirrt jetzt da herum. Davon bemerkt die adressierte Person erstmal nichts. Aber wenn er oder sie sich in einer negativen Stimmung befindet, also wenn das eigene Denkorgan in eine ähnlichen Schwingung versetzt ist wie der negative Gedanke, dann wird dieser davon angezogen, dringt dort ein und verstärkt die negativen Tendenzen! Das gleiche gilt natürlich auch für positive Gedanken. Damit könnte man z.B. die Auswirkung der Fürbitten erklären oder zu einem gewissen Teil auch den Sinn der Gebete für andere Menschen: man macht eine positive Eingabe in den kollektiven Raum, welche für Hilfesuchende (also wieder entsprechende Schwingung) egal wann und wo auf der Welt abrufbar ist.

Worauf ich hinaus wollte ist die tiefere Bedeutung und das eigentliche Ausmaß der Passion Christi vor diesem Hintergrund. Es heißt doch immer: Christus hat für uns gelitten; Er hat das Kreuz für uns getragen; usw.

Ja, aber eben nicht nur im Sinne der dadurch initiierten Nachfolge eines jeden, der sich „Christ“ nennt – sondern auch im Sinne einer kollektiven Tatsache. In der Zeit vom Ölberg bis Golgota war, um in der gewählten Sprache zu bleiben, das Denkorgan Christi in einen Zustand versetzt, der alles Negative aus dem kollektiven Gedankenraum angezogen hat – all den Hass, Spot, Neid, alle im wahrsten Sinne des Wortes erdenklichen Gräuel und Niedertracht und Sünden, die sich dort angesammelt haben. In Seiner Passion hat Christus diese durch Sein Leiden absorbiert, was als Sühneleiden bezeichnet wird. Von einem anderen Blickwinkel aus betrachtet handelt es sich hierbei um eine Machtentfaltung kosmischen Ausmaßes, den Lauf der Geschichte zu verändern.

Der Psychologe würde wohl sagen: Er hat das kollektive Unbewusste gereinigt; der Buddhist: Er hat negatives Welt-Karma aufgelöst; und eben der Christ: Er nimmt hinweg die Sünde der Welt.

Falls es euch interessiert, ein Link zur erwähnten Anna Katharina Emmerick, deren Visionen der Dichter Clemens von Brentano aufgeschrieben hat und die u.a. in Mel Gibsons Verfilmung der Leiden Christi ihren Niederschlag gefunden haben:

https://www.kirche-und-leben.de/artikel/selige-anna-katharina-emmerick-wer-war-das/

4 comments

  1. Wow – Danke Sandra! Das spricht mich momentan sehr an. In dem Buch „Der Weg zum Christusbewusstsein“ wird dieser Stellvertreter-Gedanke ja stark hinterfragt, was mir zunächst auch eingeleuchtet ist. Deine Interpretation mit den aufgezeigten interreligiösen Parallelen lässt mich das Thema aber nun wieder in einem anderen Licht betrachten und deckt sich mit meinen aktuellen inneren Prozessen. Der eigene Transformationsprozess führt dann meiner Erfahrung nach ebenfalls nicht nur durch das persönliche sondern auch durch das kollektive Unbewusste…

    1. Ach, das freut mich, Regina. Aber genau bei Jim Marion findet sich ebenfalls eine ähnliche Aussage, hab extra für dich nochmal geschaut, wo :-). S. 123 deutsche Ausgabe, „Der vierte Grund für das psychische Leiden in der Dunklen Nacht ist gleichfalls transpersonaler Natur. Wie Jesus am Kreuz darf auch der Christ in der Dunklen Nacht der Seele an der Erlösungsarbeit Christi teilhaben (Kolosser 1,24). […] dass wir während unserer Reise in die transpersonalen Ebenen des Bewusstseins ein gewisses Maß der Negativität der Welt in unserer Psyche aufnehmen, und wir transmutieren diese Negativität wieder zurück in den Grundstoff des Universums – Bewusstsein und Liebe…“ Liebe Grüße

  2. Wow, danke Sandra! Übrigens ist mir leider Deine E-Mail-Adresse abhanden gekommen, seit ich einen neuen Laptop habe. Ich trage mich mit dem Gedanken, einen Online-Kongress zum Thema „Moderne Mystik“ oder „der universelle Mensch“ zu organisieren. Welcher Titel gefällt Dir besser?
    Im Zuge dessen würde ich u.a. Dich interviewen wollen, wenn Du bereit dazu bist. Wenn ich so weit bin, melde ich mich nochmal …
    Liebe Grüße
    Regina

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