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Unser zweites Kind ist seit kurzem auf der Welt 🙂 Deshalb heute ein Artikel, der aus meiner ganz persönlichen Erfahrung stammt.
Da sich bei uns Frauen in der Schwangerschaft vieles körperlich und emotional tut, hat das natürlich auch Auswirkungen auf die Lebenspraxis. Wenn ihr allgemein etwas über Integrale Lebenspraxis erfahren wollt, könnt ihr euch hier informieren.
KÖRPER-Modul:
- Hier bietet sich Schwangerschaftsyoga (aber auch Bauchtanz) an. Es bereitet sowohl körperlich als auch seelisch-spirituell auf die Geburt vor.
- Während der Schwangerschaft machen sich die meisten Frauen ohnehin mehr Gedanken um ihre Ernährung als sonst. Auch fasten sie bestimmte Dinge gezielt über die gesamte Schwangerschaft und häufig auch noch die sich anschließende Stillzeit über, wie z.B. Alkohol, Zigaretten, Koffein.
- Das Üben von Atemtechniken zur Geburtsvorbereitung sensibilisiert ganz automatisch für den eigenen Atem und dessen Bedeutung.
- Spazieren gehen (oder Tanzen) gehört zu einer wunderbaren Geburtsvorbereitung und fördert ganz natürlich die Wehen.
- Wenn man ohnehin gerne meditiert, liegt es nahe, sich mit Hypnobirthing zu beschäftigen. Das wichtigste, was ich daraus mitgenommen habe, war, die Wehen nicht mehr als “Schmerzen” zu betrachten, sondern als Muskelkontraktionen oder “Wellen” (so, wie sie sich ja auch auf dem CTG zeigen). Damit einher geht die sogenannte “Wellenatmung”, die sich einfach dem Rhythmus der Welle anpasst. Das heißt, der Atem geht ganz gezielt mit und unterstützt damit die Öffnung des Muttermundes. Als für mich sehr hilfreich erwies sich auch ein Video einer Hebamme, die erklärte, wie das “Tönen” die Geburt erleichtern und gezielt fördern kann.
- Trotz allem, was Frau für ihren Körper tun kann, habe ich vor allem gelernt, Nachsicht mit mir selbst zu üben und Frieden mit meiner individuellen Verfasstheit anzustreben. Es gibt Frauen, die es lieben, schwanger zu sein – doch vermutlich noch viel mehr Frauen, die es hassen. Und es gibt wirklich horrende Schwangerschaften, die eher einem weiblichen Kreuzweg ähneln, als einer “guten Zeit der Hoffnung” – und ich sage bewusst “Kreuzweg”, denn ein Leiden, das bewusst auf sich genommen oder akzeptiert wird, ist m.E. auch immer ein Stück Nachfolge – (in diesem Fall v.a. aber Marias).
- Es hat mir geholfen, mir vorzustellen, dass Maria, der Archetyp aller Mütter, vermutlich auch auf die eine oder andere Weise körperlich gelitten hat, als sie mit Jesus schwanger war. Ich habe Maria nicht vergessen, dass mein erstes Kind zu mir kam, nachdem ich sie, stehend an einer Mariengrotte, flehentlich darum gebeten habe (ja, das ist vermutlich die Stufe purpur/magischer Glaube) . Aus meiner Sicht brauchen wir Frauen Maria für derlei Dinge und es ist sehr, sehr bedauerlich, dass gerade die evangelischen Kirchen jegliche Marienfrömmigkeit abgeschafft haben. Tatsächlich spüre ich, seit ich Mutter bin, Maria öfter in meiner Nähe – sowie meine verstorbene Großmutter, von der ich weiß, dass sie ebenfalls sehr unter dem Schwanger-Sein gelitten hat.
GEIST-Modul
- Im ersten Drittel war mir die ganze Zeit über, Tag und Nacht so speiübel und elend, dass ich nicht mehr meditieren konnte. Gar nicht. Sobald ich damit anfing, ging es mir so hundeelend, dass ich beschloss, es gut sein zu lassen und mich stattdessen, extrem ungewöhnlich für mich, mit irgendwelchen Serien und Filmen davon abzulenken, dass ich überhaupt existiere und einen Körper habe. Statt mich also zu einer Praxis zu zwingen, habe ich beschlossen, dass meine Praxis in diesem Fall darin besteht, Nachsicht mit mir und der Situation zu üben. Ich wusste ja, in absehbarer Zeit ist es wieder vorbei.
- Im zweiten und dritten Teil der Schwangerschaft konnte ich wieder meditieren, was aber auch dazu führte, dass viele Emotionen hochkamen, deren Verarbeitung die Sache nicht besser machte – bei dem, was die Hormone ohnehin an Gefühlsschwankungen auslösen. Ich bin mir also nicht einmal so ganz sicher, ob wir dem werdenden Leben in uns damit einen so guten Dienst erwiesen – denn es ist ja bekannt, dass das Baby im Mutterleib Anteil an den Gefühlen der Mutter bekommt. Sanfte, geführte Meditationen mit Visualisierungen der Traumgeburt oder ähnliches sind da vielleicht besser.
- Die Schwangerschaft als solche, v.a. aber die Geburt ist auch ein spirituelles Erlebnis. Dem Akt des Loslassens/Annehmens kommt dabei besondere Bedeutung zu. Wehen lassen sich nicht erzwingen, aber willkommen heißen.
VERSTAND-Modul
- Eine gute Vorbereitung auf Geburt und die Baby- und Kleinkindzeit waren und sind nach wie vor für mich die Bücher von Nicola Schmidt, die das “Artgerecht-Projekt” ins Leben gerufen hat:
https://www.artgerecht-projekt.de
- Lohnenswert ist auch die Auseinandersetzung mit dem Quadranten rechts unten, dem systematischen/gesellschaftlichen Teil der Geburt. In diesem Bereich gibt es auch in Deutschland schwere Missstände, v.a. aufgrund der Ökonomisierung in den Krankenhäusern – dazu gab es bereits gute Dokumentationen in unseren öffentlich rechtlichen, z.B:
- Dazu kommt meine Beobachtung, dass je nachdem, in welchem Krankenhaus wir unsere Kinder zur Welt bringen, noch immer sehr unterschiedliche pädagogische/medizinische Ansätze zur Anwendung kommen. War ich davor in einem “babyfreundlichen Krankenhaus” mit Bonding, Stillberatung etc., wurde mir dieses Mal das Kind sofort nach Geburt weggenommen und vom Arzt untersucht, gebadet usw., musste ich dieses Mal mehrmals das “Zufüttern” ablehnen etc.
- Die Corona-Krise führt derzeit dazu, dass viele die Geburt anders erleben müssen als sonst: Sie müssen u.U. alleine (ohne Partner) gebären, ihr Partner/Geschwisterkinder können das Neugeborene nicht auf der Wochenstation besuchen bis dahin, dass Schwangeren gesagt wird, sie müssten eine Maske unter der Geburt tragen. Letzteres ist aus meiner Sicht nicht hinnehmbar und verletzt auf empfindliche Weise die Menschenwürde:
- Spannend finde ich Ansätze im Anschluss an Hannah Arendt den Menschen nicht von seiner Sterblichkeit, sondern Geburtlichkeit her zu denken und daraus Kriterien für ein neues Gesellschaftsmodel zu entwickeln, wie es z.B. von der Theologin Ina Praetorius gemacht wird:
SCHATTEN-MODUL
- Weil die Schwangerschaft mit viel Emotionen, darunter u.U. auch tiefsitzenden Ängsten vor der Geburt und der Mutterschaft, verbunden ist, lohnt es sich, diese aufzuschreiben, um sie sich bewusst zu machen. In meiner ersten Schwangerschaft hatte ich noch Zeit für die Praxis der sogenannten Morgenseiten nach Julia Cameron in “Der Weg des Künstlers” (übrigens auch von Ken Wilber in seinem Werk “Religion of tomorrow” empfohlen). Reicht die Zeit dafür nicht mehr, ist Journaling in ein dazu vorgesehenes Buch eine gute Alternative, wie z.B. den Kalender “Klarheit” (https://www.halloklarheit.de) und ähnliches.
Sonstiges:
- In meinem Artikel MODUL Bewusste Elternschaft habe ich bereits darüber geschrieben, was es bedeuten könnte, bewusst Mutter (Vater) zu werden.