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Unterscheidung der Geister

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1. Was meint der Ausdruck “Unterscheidung der Geister” überhaupt?

Unterscheidung der Geister ist ein Ausdruck aus der paulinischen und johannäischen Theologie und bezeichnet die kritische Differenzierung von Gedanken, Gefühlsregungen und Prophetien im Hinblick auf die Frage, inwieweit sie von Gott stammen oder nicht.

Wikipedia

Ich setzte voraus, daß es dreierlei Gedanken in mir gibt: solche, die mein eigen sind und allein meiner Freiheit und meinem Willen entspringen, während die beiden andern von außen kommen: der eine vom guten, der andere vom bösen Geist.

Ignatius von Loyala

Jeder Mensch muss den richtigen Weg für sich selbst festlegen. Das ist keine Grundsatzentscheidung, die einer in seiner Jugend trifft, so dass er dann wie auf Schienen bis an sein Lebensende gleitet. Seinen Lebensweg zu gehen bedeutet, sich Tag für Tag mit den sich bietenden Alternativen auseinanderzusetzen. 

https://www.jesuiten.org/unsere-spiritualitaet/unterscheidung-der-geister

Es geht bei der Unterscheidung der Geister nicht um Schwarz-Weiß, Richtig oder Falsch, Gut oder Böse, sondern die vielen Grauschattierungen dazwischen.

2. Anhand welchen Kriterien können wir die Geister unterscheiden?

“Als Hilfe zu Beginn kann man aber als leitende Regel annehmen, dass alles, was Frieden, Glaube, Freude, Harmonie, Weite, Einheit und aufsteigendes Wachstum mit sich bringt oder erschafft, von der Wahrheit kommt, wohingegen alles das mit sich Ruhelosigkeit, Zweifel, Skeptizismus, Kummer, Zwietracht, selbstische Enge, Trägheit, Entmutigung und Verzweiflung bringt direkt aus der Falschheit kommt.”

Mutter, Gefährtin des integralen Denkers Aurobindo

Noch bündiger ist der Rat, den Sabine Bobert mir und anderen sinngemäß folgendermaßen mit auf den Weg gegeben hat: “Spür nach, ob dich etwas innerlich weit oder eng werden lässt.”

Die Unterscheidung hat viel mit einem wachen und klaren Geist und einer geübter Intuition zu tun. Es ist zu erwarten, dass jemand, der sich jahrelang Askese und spirituellen Übungen unterwirft, in ihr erfolgreicher sein wird als jemand, der den Tag über ununterbrochen am Computer arbeitet und abends vor dem Fernseher einschläft 😉 Sie gilt außerdem als eine geistliche Gnadengabe (1. Kor 12,10), die manchen Menschen in besonderem Maße zuteil wird.

Woran erkennen wir aber, ob wir über diese Gabe verfügen? Eine ehemalige Dozentin von mir beantwortet die Frage so:

Ich denke, an zwei Haltungen: an der Skepsis gegenüber uns selbst und an der Barmherzigkeit gegenüber anderen.
Wer unterscheiden kann, hat sich in die hohe Kunst der Skepsis gegenüber sich selbst eingefunden. (…) Gegenüber sich selbst skeptisch zu sein, das heißt: zu sich selbst, den eigenen Wünschen und Vorstellungen, dem eigenen Lebens- und Durchsetzungswillen auf Distanz gehen zu können. Sich mit selbst auskennen und sich auch der Einsicht stellen: Nicht alle meine Impulse sind gut.

Ruth Conrad, https://predigten.evangelisch.de/predigt/der-heilige-geist-oder-die-kunst-unterscheiden-zu-koennen-predigt-zu-roemer-81-11-von-ruth

3. Die “Unterscheidung der Geister” durch die Quadranten von Ken Wilber

4. Die systemische Sicht (der untere rechte Quadrant)

Diese kommt m.E. häufig zu kurz und nimmt erst im GRÜNEN Bewusstseinsraum (Spiral Dynamics) konkret Gestalt an. Ein Beispiel dafür liefert die Stellungnahme des Ökumenischen Rates der Kirchen anlässlich der 10. Vollversammlung 2013 in Busan, Südkorea.

Eine der Gaben des Geistes ist die Unterscheidung der Geister (1. Korinther 12,10). Wir erkennen den Geist Gottes dort, wo Menschen für das Leben in seiner ganzen Fülle und in all seinen Dimensionen eintreten, einschließlich der Befreiung der Unterdrückten, der Heilung und Versöhnung zerbrochener Gemeinschaften und der Wiederherstellung der Schöpfung. Wir erkennen dort böse Geister, wo die Mächte des Todes und der Zerstörung des Lebens vorherrschen. (…) Spiritualität verleiht unserem Leben seine tiefste Bedeutung. Sie ist Energie für ein Leben in Fülle und fordert Engagement im Widerstand gegen alle Kräfte, Mächte und Systeme, die Leben verweigern, zerstören und einschränken. (…) Die missionarische Spiritualität treibt uns an, Gottes Ökonomie des Lebens und nicht dem Mammon zu dienen, unser Leben mit anderen am Tisch Gottes zu teilen, statt unsere persönliche Gier zu befriedigen, uns für den Wandel zu einer besseren Welt einzusetzen und das Eigeninteresse der Mächtigen, die den Status quo aufrecht erhalten wollen, zu hinterfragen. (…) Die Politik des grenzenlosen Wachstums durch die Herrschaft des globalen freien Marktes ist eine Ideologie, die von sich behauptet, dass es zu ihr keine Alternative gibt, (…) Sie tritt mit dem Anspruch auf, alle Lebenssphären beherrschen zu wollen, und verlangt absolute Gefolgschaft, was einem Götzendienst gleichkommt“. (…) Gesundheit ist mehr als körperliches oder seelisches Wohl, und Heilung ist nicht primär medizinischer Natur. (…) Die Fixierung auf Heilung durch medizinische Behandlung ist (…) eine Sichtweise, die überwunden werden muss, um den breiteren biblischen Ansatz zu stärken.

Gemeinsam für das Leben: Mission und Evangelisation in sich wandelnden Kontexten.

In der derzeitigen Krise scheinen die Kirchen diese systemische Sichtweise fast gänzlich auszublenden. (Siehe dazu nur die aktuelle Stellungnahme „Beistand, Trost und Hoffnung”).

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