War Jesus in Indien?

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Oder wie wurde Jesus zu dem, der Er war?

Gastartikel von Eduard Fassel

Das Lukasevangelium ebenso wie das apokryphe Kindheitsevangelium erwähnen den jugendlichen Jesus zuletzt im Alter von zwölf Jahren. Nach seinem Auftreten im Tempel hören die Berichte auf. Man fragt sich, wo er bis zu seinem 30. Lebensjahr gewesen ist und wie er sich auf seine Lehrtätigkeit vorbereitet hat. Denn der Eindruck, Jesus wäre als eingeborener Sohn Gottes automatisch und ganz von allein zur Vollkommenheit bestimmt, hält einem „internationalen Vergleich“ nur bedingt stand. Buddha beispielsweise hatte zwei Lehrer, ebenso der bedeutsame indische Heilige Ramakrishna. Obwohl sie letztlich ihre Lehrer an Weite und Größe übertrafen und ungewöhnlich schnell Fortschritte machten, nahmen sie dennoch deren Führung in Anspruch. Auch ganz grundsätzlich wird in vielen religiösen Kulturen die Wichtigkeit der Meister-Schüler-Beziehung für den inneren Weg betont – man findet es bei den Starzen des orthodoxen Christentums und ebenso bei den islamischen Mystikern, wenn ein Rumi oder Khan sich einem Murschid (Pir oder Sheikh) anvertraute.(*) Über die Notwendigkeit eines Meisters sagt ein indischer Mönch:

So wie in den Naturwissenschaften die Führung eines kompetenten Lehrers notwendig ist und niemand das bezweifelt, so ist in der spirituellen Wissenschaft die Führung von einem Guru unbedingt erforderlich. Wir reisen dabei in Regionen, über die wir absolut nichts wissen.

Habt ihr in einer fremden Stadt eine bestimmte Adresse aufzusuchen, dann kauft ihr euch einen Stadtplan oder fragt einen Einheimischen. Aus falschem Stolz könnt ihr aber auch alle Straßen der Stadt ablaufen. Irgendwo muss die gesuchte Adresse ja sein; aber welche Zeit- und Energieverschwendung! Vielleicht lag sie schon um die nächste Ecke. Das gleiche gilt für die Spiritualität. Euer Innenleben ist ein riesiges Panorama von egogesteuerten Denkvorgängen, Gefühlen, Ambitionen, Wünschen, Zu- und Abneigungen, Sehnsüchten und auch okkulten Fähigkeiten, aber es gelingt euch nicht, Übersicht und Ordnung hineinzubringen… Der wirkliche Guru ist durch spirituelle Übungen und mithilfe seines Guru zu seinem echten Selbst vorgedrungen und sieht jetzt als unbeteiligter Zuschauer das ganze Panorama vor sich liegen. Er kennt alle Egotricks, alle Seiten- und Nebenwege, alle Sackgassen und Fallgruben und ist der geeignete Führer in diesem Labyrinth.

Swami Yatiswarananda

Wenn man diesen Gedanken weiter verfolgt und sich nach möglichen Kandidaten für einen Lehrer Jesu umsieht, dann finden sich nur wenige, bei denen ein solches Potenzial angedeutet wird. Eigentlich kommen dafür (neben den wohl älteren Simeon und Hanna im Tempel) nur zwei in Frage: Johannes der Täufer, der intuitiv im Mutterleib schon davon wusste, und die heiligen  „Magier“ aus dem Osten, die sich basierend auf astrologisch-astronomischen Kenntnissen und Vorhersagen auf den Weg nach Jerusalem gemacht hatten.

Vom (alten) Lehrer getauft

Es gibt die Hypothese, dass Jesus zu Beginn ein Schüler des Johannes war. Sehr gewagt wäre allerdings, diese Beziehung bereits viel früher wiederzuerkennen. Vergleicht man die Personen des Alten und Neuen Testaments, so fällt eine Parallele zwischen Elija und Elischa sowie Johannes und Jesus auf. Es ist Jesus selbst, der eine Verbindung herstellt, indem Er der Menge den Täufer als den wiedergekommenen Elija bezeugt (die Bibelstellen dazu finden sich in Wikipedia verlinkt, hier sei noch auf die ähnliche Erscheinung hingewiesen: Mk 1,6 – 2.Kön 1,8). In den Textstellen wird eine Übertragung von Elija an Elischa angedeutet (1.Kön 19,16;  2.Kön 2,9) und es ist anzunehmen, dass darin auch die Fähigkeit des Wunderwirkens inbegriffen war. Denn nachdem Elija aufgefahren war, begann Elischa Wunder zu wirken, die denen von Jesus sehr ähnlich waren, und das in ebenso großer Zahl. Solche Querverweise erscheinen erstmal weit hergeholt, ich gebe sie dennoch bis zu Ende wieder – wenn also Jesus nach des Täufers Enthauptung der Prophet Elija als Lichtgestalt auf dem Tabor erscheint, oder wenn man seine Kreuzesworte der Verzweiflung dahingegend deutet, dass die Umstehenden richtig gehört hätten: Er ruft nach Elija. (Mk 15,35) Gegen diese übergriffige Verbindung spricht natürlich, dass die Rollen unterschiedlich waren, da Elija der Meister von Elischa war, wohingegen sich Johannes der Täufer als nicht wert befand, Jesus die Schuhriemen zu lösen.

Jesus im Morgenland

Eine weitere Möglichkeit, wie sich Jesus entwickelt und vor allem wo er seine unbekannten Lebensjahre zugebracht hat, wäre eine Verbindung nach Osten, was durch die Anreise der sachkundigen Weisen angedeutet wird. Spekulationen über eine Reise Jesu nach Indien befeuerte das Buch des Russen Notowitsch („Die Lücke im Leben Jesu“, 1890) Es basiert nach seinen Aussagen auf einem Manuskript, das ihm in dem tibetischen Kloster Hemis gezeigt wurde. Was jedoch Kritiker, die seine Glaubwürdigkeit untergraben, gerne übersehen, ist, dass es mindestens noch einen gegeben hat, der dieses Manuskript zu Gesicht bekam: Swami Abhedananda, ein direkter Schüler Ramakrishnas. Seine Abschrift ist um einiges kürzer als die von Notowitsch, die Stellen sind aber nahezu identisch. Über eben diese Jugendjahre Jesu heißt es dort:

Issa trat nach und nach in sein 13. Lebensjahr ein. Nach dem Brauch der Israeliten ist dies das richtige Alter für die Heirat. Seine Eltern lebten das Leben bescheidener Leute.

Ihr bescheidenes Häuschen wurde von vielen Leuten besucht, die stolz auf ihren Reichtum und ihren Stammbaum waren. Jedem von ihnen war eifrig daran gelegen, Issa als seinen Schwiegersohn anzunehmen.

Issa war nicht gewillt zu heiraten. Er hatte bereits Ruhm durch seine Darlegung der wahren Natur Gottes erlangt. Auf den Vorschlag der Heirat hin beschloss er, das Haus seines Vaters heimlich zu verlassen.

Zu dieser Zeit war sein starker Wunsch, die volle Verwirklichung der Gottheit zu erreichen und die Religion zu Füßen derer zu lernen, die durch Meditation Vollkommenheit erlangt haben.

Er verließ Jerusalem und begab sich in Begleitung einer Gruppe von Kaufleuten auf eine Reise nach Sindh (Anm.: Gebiet im Nordwesten Indiens). Diese Kaufleute beschafften verschiedene Waren aus Sindh und exportierten diese in verschiedene Länder.

Im Alter von 14 Jahren durchquerte er Sindh und betrat das heilige Land der Arier. 
(Kap. IV.10-14; Kap. V.1)

Bei Notowitsch finden sich weiterführende Erzählungen, dass zum Beispiel Jesus dort die Veden studierte und begann, den Angehörigen der niederen Kasten die Heiligen Schriften darzulegen, obwohl es verboten war (V.4-10). Auch ermutigte er die Menschen zu einer unmittelbaren Gottesbeziehung im eigenen Herzen (IX.10-15) und predigte gegen eine starre Schriftbezogenheit, worauf er sich vollends die Abneigung der oberen Kasten zuzog. Die Brahmanen und Kshatriyas trachteten ihm nach dem Leben und veranlassten ihn zur Flucht.

Zitieren will ich hier dennoch weiter aus der vermeintlich glaubwürdigeren Quelle Abhedanandas, die nur stichpunktartig die Stationen Jesu bis zu seiner Rückkehr nach Palästina skizziert. Das Jesusbild, das sich in den beiden Abschriften entfaltet, ist ein durch und durch integrales. Beschrieben wird ein junger Prophet, der die substanziellen religiösen Strömungen seiner Zeit in sich aufgenommen hat:

Danach ging er auf Pilgerreise nach Rajagriha, Benares, etc. Dies dauerte sechs Jahre und dann brach er nach Kapilavastu auf, dem Ort, an dem Buddha geboren worden war.

Dann verbrachte er sechs Jahre in der Gesellschaft buddhistischer Bettelmönche, beherrschte Pali bis zur Perfektion und studierte alle buddhistischen Schriften.

Von hier aus ging er nach Nepal und bereiste die Himalaya-Region. Dann ging er westwärts.

Nach und nach kam er nach Persien, dem Aufenthaltsort der Zoroastrier.

Sein Ruhm verbreitete sich bald in alle Richtungen.

So kehrte er im Alter von 29 Jahren noch einmal in sein Heimatland zurück. Danach begann er, seine Friedensbotschaft unter seinen Brüdern zu predigen, die unter der Unterdrückung litten.

Eigenübersetzung aus: Sami Abhedananda – Journey into Kashmir and Tibet

(*) Ein solcher Meister ist eine Präsenz und keine Person mehr. Daher sollte die Aussage in Matthäus 23,8, dass Christus der alleinige Meister ist, nicht nur bezogen auf die Person Christi verstanden werden.

Wenn ihr euch mit dem Thema eingehender beschäftigen möchtet, schaut z.B. mal hier:

Ein englischsprachiger wissenschaftlicher Artikel dazu: https://citeseerx.ist.psu.edu/viewdoc/download?doi=10.1.1.969.3263&rep=rep1&type=pdf

Bild: Flickr, https://c1.staticflickr.com/1/73/207419687_88c0a4d91f_b.jpg

6 comments

  1. Das Thema interessiert auch mich sehr, ich habe den Artikel gelesen und heute noch ein bisschen mehr gesucht, jedenfalls bin ich auf die Seite von Armin Risi gestoßen, sehr interessant…….das Turiner Grabtuch ist am Ende des Artikels, am Anfang geht es um Jesus und Indien.

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    Die Entdeckung der Dreidimensionalität des Bildes geht auf die Arbeit der amerikanischen Physiker J. Jackson und E. Jumper zurück, die zur wissenschaftlichen Forschungsgruppe The Shroud of Turin Research Project (STURP) gehörten und 1973 mit ihren bahnbrechenden Untersuchungsergebnissen an die Öffentlichkeit traten. Sie wiesen nach, daß das Bild auf dem Grabtuch nicht bloß aus biochemischen Abdrücken besteht, sondern daß es durch Strahlung, d. h. durch einen Lichtblitz entstanden ist, der dreidimensional aus dem Körper des Gekreuzigten hervorgekommen sein muß. Berechnungen ergaben, daß dies ein Strahlenblitz von nur etwa 2/1000-Sekunden gewesen war. Ein Diapositiv vom Grabtuch wurde in einen Bildanalystor VP8 gesteckt, und auf dem Bildschirm erschien ein dreidimensionales Reliefbild des Gesichts.

    ´Quelle: https://armin-risi.ch/Artikel/Theologie/Ging-Jesus-nach-Indien.php

  2. Die Entdeckung der Dreidimensionalität des Bildes geht auf die Arbeit der amerikanischen Physiker J. Jackson und E. Jumper zurück, die zur wissenschaftlichen Forschungsgruppe The Shroud of Turin Research Project (STURP) gehörten und 1973 mit ihren bahnbrechenden Untersuchungsergebnissen an die Öffentlichkeit traten. Sie wiesen nach, daß das Bild auf dem Grabtuch nicht bloß aus biochemischen Abdrücken besteht, sondern daß es durch Strahlung, d. h. durch einen Lichtblitz entstanden ist, der dreidimensional aus dem Körper des Gekreuzigten hervorgekommen sein muß. Berechnungen ergaben, daß dies ein Strahlenblitz von nur etwa 2/1000-Sekunden gewesen war. Ein Diapositiv vom Grabtuch wurde in einen Bildanalystor VP8 gesteckt, und auf dem Bildschirm erschien ein dreidimensionales Reliefbild des Gesichts.

    ´Quelle: https://armin-risi.ch/Artikel/Theologie/Ging-Jesus-nach-Indien.php

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